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Under Review: Aufwind dank des "Tipping-Point"
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In jedem Entwicklungsprozess gibt es Phasen, in denen kleine Impulse scheinbar wirkungslos bleiben – bis ein einziger Moment die gesamte Dynamik verändert. Wenn aus Hoffnung plötzlich Überzeugung wird, spricht man vom sogenannten „Tipping-Point“. Er entsteht oft unerwartet, entfaltet aber eine Kraft, die weit über den eigentlichen Auslöser hinausreicht. Und genau ein solcher Wendepunkt sollte sich auch für die Steelers zeigen, als am 16. Spieltag der DEL2 der ESV Kaufbeuren im Ellental zu Gast war.
Trotz eines leichten Aufwinds im Herbst rangierten die Steelers mit nur einem Punkt Rückstand noch auf Platz 13. Zehn Tage zuvor hatten sich die Allgäuer von Trainer Todd Warriner getrennt – jenem Coach, der in der vergangenen Oberliga-Saison mit den Tilburg Trappers im Halbfinale unseren Steelers unterlegen war und anschließend nach Kaufbeuren gewechselt war. Der „Trainer-Effekt“ blieb allerdings aus.
Wenn man einen Augenblick als „Tipping-Point“ für das Team von Alexander Dück herausheben müsste, waren dies die vier Minuten ab der 35. Spielminute. Zuvor kam Kaufbeuren durch den 20-jährigen Jonas Fischer zum Anschlusstreffer zum 2:3 aus Sicht der Gäste. Danach war Showtime für Jack Dugan, der sein Solo im eigenen Drittel startete, an der eigenen blauen Linie die gesamte Breite nutzt, vier von fünf Gegenspieler vernaschte, dynamisch zum Tor zog und aus spitzem Winkel die Scheibe ins Netz beförderte. Kurz darauf war es der Doppelpack von Cole Fonstad, der zunächst mit einem ansatzlosen Schuss auf 5:2 und schließlich mit einem One-Timer auf 6:2 erhöhte. Am Ende stand ein deutlicher 9:3-Erfolg für die Hausherren – ein Abend, der nicht nur einen klaren Sieg brachte, sondern auch den Beginn eines spürbaren Aufschwungs markierte.
Am darauffolgenden Wochenende hatte man zwar mit 6:3 gegen die Towerstars in Ravensburg das Nachsehen entschied aber danach wichtige Heimspiel für sich. Weder für das Tabellenschlusslicht aus Freiburg noch für das Überraschungsteam von der Donau, die Eisbären Regensburg, war in der Festung Ellental etwas zu holen. Während man im September noch 0,5 Punkte pro Spiel und im Oktober bereits 1,3 Punkte pro Spiel einfahren konnte, waren es im vergangenen Monat bereits 1,7 Punkte, die man verbuchte. Damit belegen die Steelers in der November-Tabelle einen sehr guten 7. Platz. Nur der Ligaprimus aus Krefeld konnte im vergangenen Monat mehr Tore erzielen als die Steelers.
Der Blick in der Tabelle kann angesichts dessen nach oben gehen. Nur vier Punkte trennen die Schwaben von einer direkten Playoff-Teilnahme, gerade einmal ein Zähler fehlt zu den Pre-Playoffs. Zum Tabellenende konnte man sich mit 10 Punkten ein ordentliches Polster erarbeiten. Allerdings rangiert mit Ravensburg ein Team hinter den Steelers, welches den Erwartungen deutlich hinterherhinkt und mit dem künftig zu rechnen sein dürfte.
Eine Hiobsbotschaft war jedoch der langfristige Ausfall von Benjamin Zientek. Dieser wiegt doppelt schwer, da nicht nur eine absolute Identifikationsfigur nicht mehr zur Verfügung steht, sondern auch, da er die Paradereihe um Fonstad und Dugan optimal ergänzte. Die Verantwortlichen konnten in einer beeindruckenden Geschwindigkeit mit Filip Reisnecker einen adäquaten Ersatz verpflichten. Reisnecker bringt jedoch andere Stärken mit und überzeugte in der Vorsaison bei den Wölfen aus Freiburg mit 26 Punkten aus 41 Spielen, fand zum Saisonbeginn in der Lausitz allerdings nicht sein Glück.
Ansonsten scheint sich das Lazarett zu lichten. Während Sören Sturm bereits zurückgekehrt ist, erhofft man sich die Rückkehr des Kapitän Alex Preibisch noch vor Weihnachten. Im neuen Jahr soll dann auch Alex Dostie zurückkehren, womit das Trainergespann auf der Kontingentpositionen die Qual der Wahl haben dürfte.
Die Highlights im November:
- Olafr Schmidt: Experten zweifelten vor der Saison daran, dass unser Schlussmann die Form aus den Oberliga-Playoffs in der DEL2 bestätigen kann. Spätestens im November 2025 räumte „Schmidti“ alle Zweifel aus. Mehrfach hielt er sein Team im Spiel und sicherte wichtige Führung. Besonders herauszuheben waren seine Leistungen gegen Regensburg und Bad Nauheim, den er beim 4:0 Sieg in der Wetterau mit einem Shutout krönte.
- Brett Kemp: Im Schatten von Top-Scorer Jack Dugan mausert sich der Kanadier zu einem der besten Spielgestalter der Liga. Kemp spielt eine tragende Rolle im Powerplay, gab mit 76 Abschlüssen bisher die meisten Schüsse auf’s gegnerischer Tor ab und gehört mittlerweile mit 24 Punkten (8 Toren und 16 Vorlagen) zu den Top10 der DEL2.
- Traumtore im Ellental: Zunächst verzückte Jack Dugan mit seinem Solo gegen Kaufbeuren die Fans – dynamisch, entschlossen und zielstrebig schüttelte er gleich vier Gegenspieler ab. Ein Treffer wie eine Machtdemonstration. Verteidiger Tim Schüle beeindruckte dagegen mit purer Präzision, als er mit einem Weitschuss aus rund 50 Metern gegen die Eisbären Regensburg zum 3:1 aus dem eigenen Drittel ins leere Tor traf.
von Markus Willrett